Autosofa



Mein Chef möchte in unser neues Büro gerne ein Autosofa in den Wartebereich für die Kunden. Man muss sich das ungefähr so vorstellen: Man schneidet an einem Auto den Kofferraum ab und baut die Rücksitzbank rein.

Er hat schon ein solches Sofa fertig gekauft mit dem Heck einer Heckflosse. Dieses Sofa hat er bei sich zu Hause im Wohnzimmer zwischengelagert und darf es jetzt aber nicht mehr holen ;-)

Es gibt viele Autosofas, aber meist auf Basis amerikanischer Autos. Mein Chef möchte aber einen Mercedes und das ist auf dem Markt nicht zu einem bezahlbaren Preis zu bekommen. Also hab ich jetzt den Auftrag und ein Budget zum Bau eines solchen Sofas bekommen.

 

Im ersten Schritt mussten wir uns auf einen Fahrzeugtyp festlegen. Nach verschiedenen Überlegungen und Recherchen im Netz legten wir uns auf den W116 fest. Jetzt galt es ein Exemplar zu finden, das unseren Ansprüchen und dem Budget entspricht. Zu unserem Schreck mussten wir feststellen, dass die W116 gar nicht mehr so billig zu haben sind. Brauchbarer Schrott beginnt bei 1500,-€.

Wir brauchen ein einigermaßen intaktes Heck und eine ordentliche Innenausstattung. Die Rücksitzbank soll in den Kofferraum des abgetrennten Fahrzeughecks. Aus den Vordersitzen sollen zwei Sessel gemacht werden. Ein V8-Motor würde sich gut als Basis für einen Tisch zu der Sitzgarnitur machen und aus der Front könnte man eine Beleuchtung über das Sofa machen. Es sollte so aussehen, als würde der Wagen gerade durch die Wand brechen.

 

Wir fanden einen roten 350SE mit schwarzer Lederausstattung für 1000,-€, der für unser Projekt super geeignet erschien. Der Wagen stand ca. 350km entfernt. Also wurde der Verkäufer angeschrieben, der sich dann aber leider nicht meldete. Dann fanden wir einen 450SE in blau-metallic mit cremefarbener Veloursausstattung. Den Verkäufer haben wir sofort erreicht und einen Besichtigungstermin vereinbart.


 

Wie man auf den Bildern erkennen kann, ist der Benz nicht unbedingt in einem perfekten Zustand, aber dafür hat er auch deutlich unter 1000,-€ gekostet. Der Verkäufer hatte noch die vordere Stoßstange im Schrottcontainer liegen, die haben wir dazu bekommen.

Aufladen war auch nicht unbedingt die einfachste Übung. Es gibt keinen Schlüssel und auch keine Papiere. Zunächst mussten wir das Lenkradschloss knacken und dann haben wir den Wagen mit der elektrischen Winde, zwei Ratschenspanngurten und einer Staplerameise auf den Hänger gewuchtet. Die Winde hat dabei das Zeitliche gesegnet.

Der Wagen ist ausgestattet mit Metallic-Lack, Automatik, ABS, Barockfelgen, Schiebedach, Klimaautomatik, Velourpolster, Mittelarmlehne, 4x el. Fensterheber, rechter Außenspiegel, getönte Scheiben usw. An sich ist es eine Schande, so ein Auto zu zerlegen. Wenn jemand adäquaten Ersatz hat und den 450SE retten möchte, kann er/sie sich gerne melden.

Im Frühjahr beginnen wir mit dem Umbau...


 

Frühjahr war wohl nichts, wir sind mitten im Winter und heute hat der Umbau begonnen. In der Werkstatt sind 2 °C und es gibt noch keine Heizung.

Die Anbauteile am Heck wurden demontiert, und die linke Seitenwand wurde ausgebeult. Am Nachmittag war überraschend Dienst an der Prüfstelle angesagt.

Fehlende Teile, wie das Heckklappenschloß und die linke hintere Zierstoßstange, wurden im Lager gesucht und auch gefunden.

Das Gestell der Sitzlehne wurde umgeschweißt, so dass es in den Kofferraumausschnitt reinpasst. Der Unterbau der Sitzfläche wird auf einer Holzplatte aufgebaut.

Ich habe die Ersatzradmulde rausgeschnitten und die Aufnahmen für die Sitzbank eingebaut. Ein erstes Probesitzen hat dann auch noch stattgefunden.

Im Kofferraum wurden Streben eingeschweißt, um der Sitzfläche die nötige Stabilität zu geben und um die Beine für das Autosofa anzubringen.


 

Das Heck wurde abgetrennt und die Aufnahme für die Rückenlehne fertiggestellt.

Anschließend wurde die Tanköffnung herausgeschnitten und mit einem Blech aus der verbliebenen Seitenwand am Fahrzeug verschlossen.

Danach wurden die Heckverkleidung und die Seitenblenden aus Holz zugeschnitten und angebracht, und im Kofferraum wurden die Seitenwände innen mit Blechen verschlossen. Damit ist das Autosofa soweit fertiggestellt.

Morgen kommt der Sattler und holt die Lehne und die Sitzfläche und gegen Abend geht das restliche Sofa zum Lackierer. Ich bin auf die Ergebnisse gespannt...


 

Im Weiteren soll aus der eigentlich nicht mehr vorhandenen Front eine Beleuchtung werden, die aussieht als würde das Fahrzeug durch die Wand brechen.

Aus dem Motor sollte ein Tisch gebaut werden, aber wir haben bei einem bekannten online-Portal einen nackten M117-Motorblock gefunden, der schon auf dem Weg zu uns ist. Wenn er dann da ist, geht er sofort zum Sandstrahlen und dann wird ein Tisch daraus.

Der verbliebene Motor soll verkauft werden, dazu versuchen wir ihn zum Laufen zu bringen, was sich als gar nicht so einfach erweist.

Wir haben zunächst ein Zündschloss aus dem Lager eingebaut, da wir für den Wagen keine Schlüssel mit bekommen haben und das Lenkradschloss knacken mussten. Dann wurden die Zündkerzen ausgebaut, wobei bei fünf Kerzen der Isolator gebrochen ist. Wir haben etwas Motoröl in die Zylinder gespritzt und den Motor von Hand ein paar Umdrehungen durchgedreht. Danach haben wir die Batterie angeschlossen und einen Startversuch unternommen - und siehe da, der Motor dreht tadellos durch. Wir haben dann direkt eine Kompressionsmessung vorgenommen und an Zylinder 2-4 geringe Kompressionswerte festgestellt. Möglicherweise sind noch Kolbenringe verklebt und die Kompression wird besser, wenn der Motor mal läuft.

Bei der weiteren Untersuchung stellten wir fest, dass der Motor keinen Zündfunken hat. Zunächst haben wir die Widerstände von Primär- und Sekundärwicklung der Zündspule gemessen und mangels Sollwerten mit einer anderen Zünspule aus dem Lager verglichen. Beide Spulen erreichen ähnliche Werte, und Widerstand und Spannungswert stimmen mit den Angaben im Werkstatthandbuch überein, damit dürften auch beide Spulen ok sein. Bei der weiteren Fehlersuche haben wir einen beschädigten Vorwiderstand gefunden. Außerdem wurde in dem Wagen eine Alarmanlage nachgerüstet, und wir sind uns noch nicht ganz im Klaren, ob damit auch eine Wegfahrsperre verbunden ist, da auch ein Kabel an Klemme 1 der Zündspule angeschlossen ist. Weiterhin waren unter dem Armaturenbrett und im Motorraum Relais' verbaut worden, die im Takt der Alarmhupen geschaltet haben.

Die Kraftstoffpumpe zuckt, wenn man die Zündung einschaltet, aber sie scheint nicht zu laufen.

Zündkabel und Verteilerläufer samt Verteilerkappe wurden geprüft, leider noch ohne Befund. Da liegt wohl noch ein weiter Weg vor uns auf der Suche nach dem Zündfunken.


Das Sofa war am 05.02.2018 lackiert und ist am 07.02. wieder in der Werkstatt eingetroffen. Das Ergebnis ist absolut top. Jetzt geht es dann wieder ans zusammenbauen und wir hoffen, dass auch der Sattler in angemessener Zeit fertig wird.

So, das Sofa ist fertig. Alles was dran gehört ist dran und passt. Das Sofa sieht toll aus, eine Wahnsinns- Farbe. Für die, die es interessiert: Die Farbe ist original Mercedes und heißt magnetitblau-metallic. Sie hat den Farbcode 931.


Jetzt ist ja noch einiges übrig vom Schlachtfahrzeug, das man verwerten kann. Jetzt soll aus der Front eine Wandbeleuchtung gemacht werden.

Nach der Bestandsaufnahme war für mich eigentlich klar, dass aus dieser Front nichts mehr gemacht wird. Der Wagen hat vorne links einen stattlichen Treffer gekriegt. Das was von dem Querträger noch nicht weggerostet war, ist durch den Unfall massiv verformt. Es ist auf der linken Seite nichts, wirklich nichts vorhanden, wo man die Stoßstange hinschrauben kann. Die meisten Anschraubteile an der Front sind auch nicht vorhanden.

Die Stoßstange fehlt, die Frontschürze und die unteren Luftgitter fehlen auch, so wie der linke Kotflügel. Der rechte Kotflügel ist verformt und hat erhebliche Rostschäden im vorderen Bereich. Die Motorhaube ist vorne links geknickt, der Kühlergrill ist gebrochen und selbst der Mercedesstern fehlt. Scheinwerfer und die Frontbleche unter den beiden Scheinwerfern waren auch nicht da. Summasummarum haben wir für den Bau der Front nichts. Ich habe meinem Chef darauf hin vorgeschlagen, nichts zu machen, oder die  Front eines anderen Autotyps, bspw. Manta B zu nehmen. Aber er will einen Mercedes und zwar diesen. Er ist der Chef - und ich hab es an der Backe.

Ich hab dan mal meinen Fundus durchstöbert und bin auf verschieden Teile gestoßen. Ich habe zwei Kotflügel, Motorhaube, Kühlergrill, Frontblech links und eine Stoßstange mit Chromschaden gefunden. Den Rest der fehlenden Teile hat mein Chef im Netz bestellt. Dann kann es mal losgehen.

Habe dann mal angefangen aus "nichts" was zu bauen. Ich habe den linken vorderen Querträger wieder einigermaßen hergestellt und Befestigungspunkte für die Stoßstange generiert. Als die Stoßstange am Auto dran war, habe ich festgestellt, dass der Abstand zwischen Lampentopf und Stoßstange zu groß ist. Auf der Suche nach dem Grund dafür bin ich auf einen massiven Knick im linken vorderen Radhaus gestoßen. Nachdem der Knick rausgemacht war, hat auch der Abstand wieder einigermaßen gepaßt.

Das Frontblech ist zwar neu "made in Taiwan", aber es passt wie Arsch und Friedrich. Es hat Sicken an den Stellen, wo es an den Kotflügeln befestigt werden sollte. Ein Befestigungsloch auf der linken Seite ist nicht vorhanden und das ganze Teil ist in sich verdreht. Auch die unteren Kühlergitter passen nicht mal ansatzweise an das Blech.

Die Fahrzeugfront wurde mit allen Einzelteilen zusammen gebaut, die Motorhaube wurde gerichtet, wie auch der linke Ersatzkotflügel, das Frontblech wurde an- und eingepasst und alle Teile wurden montiert. Es sieht wieder wie ein Auto aus.


Nachdem die Front am Fahrzeug wieder hergestellt war, ging es daran, die Front als Ganzes abzutrennen. Zunächst wurden die beiden Kotflügel auf Höhe des vorderen Stoßfängers abgetrennt und die Motorhaube wurde entsprechend gekürzt. Dannach wurde die Front vom Wagen abgetrennt. Dazu wurde alles abgebaut, was im vorderen Bereich im Weg, wie bspw. das Kühlerpaket oder die Anbauteile an den vorderen Radhäusern.

Als alles abmontiert war wurden alle Teile zusammengesetzt und angepasst. Die größte Aufgabe stellte der Motorhaubenrest dar.  Im vorderen Bereich war noch das Haubenschloß, aber hinten war nichts, was die Haube in Position gehalten hätte.

Dann wurde eine Rückwand aus Holz angebracht und Aufhängungspunkte angeschweißt. Unten wurden zwei 2mm-Bleche um den Längsträger geformt und verschweißt. Das sind die Aufhängungspunkte, die die gesamte Front tragen. Oben wurde eine Strebe zum Schlossträger eingebaut, die die Fahrzeugfront im oberen Bereich nicht nach vorne kippen lässt.

Die Front ist lackiert und muss jetzt wieder zusammen gebaut werden.


Parallel zum Bau der Front wurde aus dem Motorblock, der sandgestrahlt und lackiert wurde, ein Unterbau für einen Glastisch gebaut. Er ist fertig, es fehlt nur noch die Glasplatte.

Weiterhin wurde der Beifahrersitz ausgebaut, um einen Sessel daraus zu bauen. Der Sitz befindet sich zum Beziehen beim Sattler und auf eines der Räder wurde ein Sitzgestell aufgebaut, auf das man später den Sitz schrauben kann.

 

Die Front, das Sofa und der Tisch sind an ihrem Bestimmungsort, nur der Sessel ist noch "in Produktion".


So, die Front ist auch fertig. es wurde alles gereinigt, poliert und wieder zusammengesetzt. Die Scheinwerfer sind auch beleuchtet. Das Ergebnis ist der Wahnsinn. Jetzt muss es nur noch an der Wand festgemacht werden.

Das Einzige, was jetzt noch fehlt, ist der Sitz. Das Gestell ist auch so weit fertig, nur die Felge ist noch nicht lackiert. Der Sitz selber ist noch beim Sattler. Das Sofa, der Tisch und die Front sind soweit fertig.